Es waren Menschen, nicht das Virus, die sich gegen das Grundgesetz richteten, schreibt Renè Schlott im Rahmen der Corona-Diskussion in der Berliner Zeitung. Der Historiker bezieht sich nicht auf Zahlen und Daten, er hat von Beginn an beobachtet, was mit unseren Gesellschaften während der Pandemie passierte. Er wunderte sich über Begegnungen mit dem Polizeistaat, wenn man im Frühling 2020 alleine auf einer Parkbank sitzend ein Buch las. Er zeigte sich schockiert vom „Versagen der demokratischen Reflexe der Zivilgesellschaft“, über die Schließung der europäischen Grenzen und das „allgegenwärtige Denunziantentum“.
Im aktuellen Beitrag in der Berliner Zeitung reflektiert er noch einmal, wie sich das Verhältnis zwischen Staat und Bürger*innen verändert hat. Exemplarisch dafür nennt er einen Brief aus dem Gesundheitsamt an die Eltern eines Fünfjährigen, der als „Kontaktperson 1“ von der Kita heim geschickt wurde. In dem Brief heißt es: „Achten Sie darauf, dass sich Ihr Kind bestmöglich von Ihnen isoliert“. Bei Verstoß gegen diese behördliche Anordnung wird eine Strafe angedroht. Ein fünfjähriges Kind 10 Tage im Kinderzimmer – so überhaupt vorhanden – einzusperren, dürfte, wenn es die Eltern ohne behördliche Anordnung tun, als grober Fall von Kindesmisshandlung bewertet werden.
René Schlott fragt sich angesichts solcher Auswüchse, was mit einer Gesellschaft los ist, in der solche Brief entworfen, geschrieben und versendet werden können, ohne dass irgendjemand die Angemessenheit dessen anzweifelt, was da verordnet wird.
Genau solche Dinge sind es, die eine angemessene Aufarbeitung dringend notwendig macht, bei der Verantwortliche auch für solche und ähnliche Anordnungen gerade stehen müssen.